Stadtretter-Podcast #17
“Mehr Kunst & Kultur für Innenstädte”

Folge #17 jetzt hier für Euch!

Diesmal mit Frank Schellenberg von Actori und seinem Konzept für Kunst & Kultur in Innenstädten.

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Intro: Die Stadtretter – der Podcast

Frank Rehme: Ja, und schon wieder eine neue Folge unseres Stadtretter-Casts, heute mit zwei hochinteressanten Gästen und zwar einmal die Ariane Breuer, auch bekannt bei den Stadtretter natürlich schon viele Jahre und den Frank Schellenberg von Actori. Grüß euch zusammen.

Frank Schellenberg: Hallo.

Ariane Breuer: Hallo Frank, hallo liebe Zuhörer, Zuhörerinnen da draußen.

Frank Rehme: Genau, richtig, und damit alle wissen, wer hier sitzt, würde ich sagen, machen wir eine kleine Vorstellung. Ladies first: Ariane. Viele kennen dich von den Stadtrettern.

Ariane Breuer: Ja, kann man das überhaupt noch hören, im Stadtretter Kontext? Ihr kennt mich von den Stadtrettern, genau. Ich habe euch die Suppe mit eingebrockt. Wir haben 2020 das Stadtretter Netzwerk gegründet, ich war eine der Mitgründerinnen und bin bis heute mit an Bord, um dieses starke und große Netzwerk weiter zu begleiten, den Kommunen und Innenstädten zu helfen im Kampf gegen die Verödung, in der Revitalisierung und Wiederbelebung, da ist natürlich Kunst, Kultur, Bildung auch ein ganz, ganz wichtiges Thema und natürlich die Eventisierung und deswegen freue ich mich sehr, jetzt an den Frank Schellenberg von Actori abgeben zu können.

Frank Schellenberg: Ja hallo, auch meinerseits. Ich bin Frank von Actori, Actori ist eine Strategieberatung, die sich auf Kultur, Bildung und Entertainment spezialisiert hat. Das heißt, wir arbeiten ausschließlich in diesen Branchen für Einrichtungen, Institutionen, Veranstaltungen, Events oder eben die öffentliche Hand, die als Träger dieser formiert und unterstützen dabei, ich sag mal Spielräume, Wahrnehmung und Ressourcen für Kunst, Kultur und Bildung zu vergrößern.

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Frank Rehme: Ja und damit unsere Hörerschaft dich besser kennenlernt, Frank, machen wir jetzt mal ein kleines Spielchen gleich zu Anfang. Du kennst ja diese Assoziationsspiele, A oder B, möglichst innerhalb von einer Sekunde antworten und ich fange mit dir mal ganz, ganz einfach an. Legen wir los. Energiesparen oder Photovoltaik?

Frank Schellenberg: Energiesparen.

Frank Rehme: Bio oder regional?

Frank Schellenberg: Regional.

Frank Rehme: Regional oder Hofladen?

Frank Schellenberg: Schließt sich nicht aus.

Frank Rehme: Wachstum oder Konsumverzicht?

Frank Schellenberg: Kommt drauf an.

Frank Rehme: Gibt’s nicht, eins musst du dir aussuchen.

Frank Schellenberg: Okay, Konsumverzicht.

Frank Rehme: Smart Store oder Tante Emma?

Frank Schellenberg: Smart Store.

Frank Rehme: Tante Emma oder Picknick?

Frank Schellenberg: Picknick.

Frank Rehme: Picknick oder Lieferando?

Frank Schellenberg: Picknick.

Frank Rehme: Cash oder Karte?

Frank Schellenberg: Cash.

Frank Rehme: Karte oder Smartphone?

Frank Schellenberg: Smartphone.

Frank Rehme: Zehn oder zwei Marmeladen?

Frank Schellenberg: Gar keine Marmelade, mag ich nicht.

Frank Rehme: Das ist gut. Wurst oder Käse?

Frank Schellenberg: Käse.

Frank Rehme: Nutella warm oder kalt?

Frank Schellenberg: Kalt.

Frank Rehme: Schlauste oder beliebteste Person im Raum?

Frank Schellenberg: Ist das jetzt eine Frage an mich oder was ich lieber mag? Ich würde sagen, die Schlauste.

Frank Rehme: Kreatives Chaos oder Ordnung?

Frank Schellenberg: Ordnung.

Frank Rehme: Penthouse in der Stadt oder Villa auf dem Land?

Frank Schellenberg: Villa auf dem Land.

Frank Rehme: Letzte Frage jetzt: Lieber fliegen oder unter Wasser atmen können?

Frank Schellenberg: Unter Wasser atmen können wäre cool.

Frank Rehme: Super. Ja, man sieht, du hast da auch schon ganz klar jetzt hier in unserem Spiel gezeigt, wie dein Mindset ist in der Ecke und wir legen jetzt einfach mal los und reden mal ein bisschen über Actori. Was macht ihr denn eigentlich? Ich habe mal auf eurer Seite natürlich einiges nachgeguckt und habe atemberaubende Projekte gesehen, von denen ich sogar schon Berührungspunkte hatte mit einem. Und erzähl doch mal, was so eure Aufgabe ist und euer Spirit, wie ihr davor geht?

Frank Schellenberg: Ja, also ich glaube, das Entscheidende und Wichtige ist, dass wir irgendwann entschieden haben, in der Branche arbeiten zu wollen, mit der wir was anfangen können. Also ich persönlich habe lange im Konzert- und Festivalmanagement gearbeitet und habe immer irgendwie einen Job gesucht, mit dem ich was verbinde, wo ich das Gefühl habe, da entsteht was für unsere Gesellschaft drauß, so das gibt mir was. Und am Ende, wenn du nach dem Mindset fragst, ist, glaube ich, das Entscheidende dabei zu helfen, Kunst und Kultur zu ermöglichen. Was machen wir wiederum? Ist erstmal klassische Strategieberatung. Wir helfen unseren Kundinnen und Kunden dabei, ihr Angebot, ihr Produkt besser auf die Menschen auszurichten oder auch zu überlegen, wie sie sich sozusagen auf kommende Herausforderungen, Veränderungen der Organisation oder Ähnliches einstellen und begleiten die Prozesse am Ende auch. Das kann sein, dass eine Organisation eine andere Art von Arbeit implementieren will. Das kann die Frage sein, einer politischen Entscheidung, ob ich ein Theatermuseum oder eine Veranstaltungsstätte bauen und gründen will. Das kann aber auch sein, zu überlegen mit Akteurinnen und Akteuren der freien Szene: Wie bespiele ich einen Ort und was braucht es sozusagen für Governance und Rahmenbedingungen, um erfolgreich einen neuen Ort in einer Stadt zu etablieren?

Frank Rehme: Jetzt ist ja die große Fragestellung: Welchen Wert hat Kultur in Innenstädten mittlerweile? Wir haben ja gesehen im Lockdown, dass Kultur auf einmal überhaupt nicht mehr systemrelevant war und wirklich ganz viele Kulturschaffende ja schon fast in die Armut getrieben wurden. Wie nimmst du wahr, dass jetzt nach dieser Zeit Kultur immer irgendwie auf der Aufmerksamkeitsleiter wieder nach oben gestiegen ist und auch wieder Unterstützung bekommt? Ist das momentan so ein Trend, den wir beobachten können?

Frank Schellenberg: Ja, ich glaube, Kultur hat sich die Räume schon so langsam wieder zurückgeholt. Das ist natürlich immer ein bisschen unterschiedlich, über was man spricht bei Kultur. Spricht man jetzt sozusagen von dem, ich sag mal, von der Elbphilharmonie oder sprechen wir da von irgendwelchen Clubs und Einrichtungen der freien Szene? Da sind die Situationen schon sehr unterschiedlich. Aber was man doch feststellt, ist sozusagen, dass das Fehlen während Corona uns eindeutig gemacht hat, wie wichtig irgendwie der Besuch einer Konzertveranstaltung, eines Museums ist, weil er eben einerseits, ich glaube, eine hohe emotionale und soziale Bedeutung hat für uns. Wir treffen Menschen, wir begegnen Menschen, wir kriegen irgendwie Denkimpulse, wir nehmen was mit. Andererseits diese Orte und natürlich häufig auch Plätze sind, wo wir uns versammeln. Also ein Stichwort Dritter Ort zum Beispiel ist für uns sozusagen im Innenstadtkontext ein total relevantes Thema und das hat, glaube ich, auch noch mal Schub gewonnen in den letzten zwei Jahren. Wie gelingt es sozusagen, neben dem klassischen Kulturangebot, die Räume sozusagen so auch zu öffnen, dass Menschen dort zusammenkommen, sich aufhalten, niedrigschwellig Zugang zu etwas bekommen? Und dann haben wir natürlich noch eine Komponente, die in Städten auch nicht ganz unwichtig ist. Das ist in einer gewissen Weise, ich sage mal, das Thema Events und Veranstaltungen. Auch da, glaube ich, bringt Kunst und Kultur einen ganz großen Beitrag dazu, wie Städte wahrgenommen werden, ob das einfach Konzerte sind, wo Menschen sich auf den Weg begeben, eine Stadt anzugucken, weil sie eben dieses Konzert sehen wollen, ob das das Zusammentreffen der Menschen ist oder ähnliches.

Frank Rehme: Jetzt hören wir immer bei den Stadtrettern, liebe Ariane, dass wir neue Besuchsanlässe in Innenstädten schaffen wollen, weil der Handel selber an sich ja eigentlich die Magnetwirkung immer mehr verliert. Und jetzt seid ihr ja auch, du bist ja auch Teil der Leerstandslotsen, die übrigens wunderbar den PropTech Award, herzlichen Glückwunsch nochmal, Germany gewonnen haben. Ihr seid ja unterwegs und versucht auch neue Besuchsanlässe, Orte der absichtlosen Begegnung zu schaffen durch die Neubespielung von Leerständen. Ist da Kultur ein Schlüssel, um dieses Ziel zu erreichen?

Ariane Breuer: Ja, Kultur ist definitiv ein Schlüssel und auch ein Hebel und genauso ist es aber auch im Moment eins der Buzzwörter in der Branche. Und wer mich kennt, weiß, ich rege mich immer sehr auf über genau solche leeren Worte. Wenn es darum geht: Man bräuchte mehr Mixed Use und man braucht mal neue Konzepte und macht doch mal Kunst und Kultur oder irgendwas mit Bildung in die Innenstadt. Und die Leerstandslotsen lösen ja dieses Thema über eine digitale Matching Plattform für Leerstände in Ladenlokalen, beispielsweise in der Innenstadt, indem wir eben schauen: Was gibt es denn natürlich auch an Retail Konzepten, aber auch darüber hinaus eben an genau diesen gefragten Konzepten? Wie kann man die in der Innenstadt ansiedeln? Was haben die für immobilienspezifische Anforderungen? Und wer ist wirklich der konkrete Betreiber dahinter? Wen kann ich ansprechen, um diese Konzepte in echt, in der Praxis, in die Stadt zu holen? Und das finde ich ganz spannend, weil das löst im Prinzip im kleinen Stil, in dieser Leerstandsproblematik genau das Problem, was Actori im ganz, ganz großen Stile für die Kommunen löst. Denn ihr macht ja wirklich die Komplettnutzung eines Gebäudes im Kunst- und kulturellen Rahmen. Also da schaut ihr eben auch: Was sind denn die Kunst- und Kulturbetreiber? Wen kann ich denn wirklich in der Praxis ansiedeln? Was haben die für Anforderungen an die Immobilie, an das Umfeld? Was muss ich für Genehmigungsprozesse durchlaufen? Und das finde ich ganz spannend. Also das, was wir wie gesagt als PropTech in diesem kleinen Rahmen auch digital abbilden, macht ihr eben im großen Stil für die Nutzung von gesamten Gebäuden und ich glaube auch im Bereich von Quartiersentwicklungen. Ich weiß, Frank, dass ihr zum Beispiel ganz tolle Arbeit auch in Köln geleistet habt. Das ist ja meine Heimatstadt, deswegen schaue ich da besonders gerne hin. Vielleicht kannst du auch mal solche konkreten Beispiele benennen. Also wie sieht denn eine solche Nutzung aus? Wie ist da das Vorgehen und der Prozess, den die Kommune oder die Einrichtung mit euch gehen muss? Wer sind denn da die Ansprechpartner, die ihr zusammenbringen müsst, um eben so eine Nutzung in die Innenstadt zu bekommen und die Innenstadt damit wirklich zu einem lebendigen Ort der Begegnung zu machen und ja einen Aufenthaltsraum zu schaffen, der eben nicht nur Konsum im Großhandel oder in der Großfilialisierung bedeutet, sondern eben Alternativen bietet und das auch nach Ladenschluss. Das würde mich sehr interessieren und unsere Hörer und Hörerinnen natürlich auch.

Frank Schellenberg: Ja, sehr gerne. Also Ausgangspunkt sind bei uns ganz häufig eigentlich die Kommunen, also die öffentliche Hand, die eben Infrastrukturen oder Flächen haben, die sie anderweitig nutzen wollen. Oder eben eine Kultureinrichtung, ich sage mal, ein Konzerthaus oder ein Museum haben, das sozusagen vor der Frage steht: Wie verändert es sich jetzt im Hinblick auf die nächsten 30, 40 Jahre, die sozusagen nach einer Sanierung oder Weiterentwicklung für so ein Gebäude dann funktionieren müssen? Und je nachdem, wovon man ausgeht, ist dann glaube ich der erste wichtige Schritt immer tatsächlich zu gucken: In was für einem Umfeld bewegen wir uns? Also wir agieren ja nie losgelöst, so sehen wir von der Lage einer Infrastruktur, anderen Angeboten, natürlich insbesondere kultureller Art, aber auch der Situation, was haben wir denn für Akteurinnen und Akteure vor Ort. In Bremen bei einem Projekt zum Beispiel, an dem wir gerade arbeiten, das betrifft das Konzerthaus Glocke. Das ist ein Haus aus den 1920er Jahren und das soll saniert und weiterentwickelt und fit gemacht werden für die Zukunft. Und da haben wir dann eben geschaut: Okay, welchen Platz haben wir denn, dieses Haus aus seinem denkmalgeschützten Komplex herauszuentwickeln? Was können da Nutzungen sein, die man unterbringt? Wie gelingt es so einen Ort, der aktuell vielleicht noch ein bisschen abgeschlossen gegenüber der Stadt ist, auch zu öffnen? Gleichzeitig aber, ich sage mal, Denkmalschutz und was das alles sozusagen vor allem wegen dort Welterbe betrifft, zu berücksichtigen. Und dann geht man in Gespräche mit den Leuten eruiert, Personen und Nutzende, die vielleicht auch Raum suchen. Und so ist das dann so ein schrittweiser Prozess, würde ich sagen, an dem am Ende im besten Fall, ich sage mal, ein Konzept steht und eine Idee, wo sich das hin entwickeln kann. Ein anderes Beispiel, was ich sehr spannend finde, ist die Kongresshalle in Nürnberg. Das ist ein alter Bau der Nationalsozialisten auf dem Reichsparteitagsgelände, als Kongresshalle mal gebaut, für 50.000 Menschen, nicht fertig geworden. Und da will die Stadt Nürnberg jetzt sozusagen Ermöglichungsräume für die freie Szene und auch andere Einrichtungen unterbringen. Und da geht es dann sehr kleinteilig teilweise sozusagen zu, weil wir natürlich mit Künstlern, mit handwerklichen, mit Werkstätten agieren, sehr unterschiedlichen individuellen Bedarfen. Und die dann sozusagen in so ein Gebäude zu integrieren, unter einen Betreiber zu bekommen, erfordert dann einfach ganz viel auch Sprechen, Nachdenken, Vorschläge machen, weiterentwickeln, ausprobieren und solche Sachen.

Frank Rehme: Jetzt mal ein kurzer Hinweis in eigener Sache. Und zwar könnt ihr die Stadtretter auch unterstützen. Und das, ohne einen Cent auszugeben, indem ihr einfach die Stadtretter weiterempfehlt, den Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden davon erzählt, welches cooles Netzwerk das hier ist. Dann könnt ihr natürlich gerne eine Bewertung im Podcatcher eurer Wahl abgeben. Am besten natürlich immer fünf Sterne und abonniert den Newsletter, dann seid ihr immer bestens informiert. So, jetzt geht es aber weiter. 

Jetzt seid ihr ja auch in dem Bereich unterwegs, wo ihr sehr stark Hallen, die so aus den 60er, 70er Jahren kommt, mit so einem neuen Use-Case zu beschäftigen oder ein komplett neues Konzept dafür zu entwickeln. Wo liegt da denn die Herausforderung? Weil viele Städte haben natürlich in ihrem Herzen so ein Ding stehen. In Berlin haben wir es abgerissenen, ein Stadtschloss für hingebaut. Aber was ist das? Ist das ein Herz einer Stadt, an dem man unbedingt arbeiten muss oder muss man da neue Themen finden, mit denen man dort vorgeht?

Frank Schellenberg: Wir haben ein ganz spannendes Projekt gerade. Da ist lustigerweise vor zwei Wochen der Architektenwettbewerb abgeschlossen und auch ein Entwurf ausgewählt worden, in Neu-Isenburg, die Hugenottenhalle. Erstmal sozusagen eine klassische Stadthalle eigentlich ursprünglich und die liegt mitten im Zentrum Neu-Isenburgs. Nebenan liegt das Neu-Isenburg-Zentrum, ein riesiges Einkaufszentrum, relativ abgeschottet. Und da war so in 2016, 2017 eigentlich die Frage: Wie kann ich den Ort ein bisschen in Richtung eines Wohnzimmers entwickeln, innerhalb der Stadt? Es gab in der Ecke sozusagen auch noch andere Nutzungen, Stadtbibliothek, Galerie, dann die Volkshochschule, die Musikschule. Und man hat dann sozusagen versucht, diese unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure zusammenzubringen und wir haben ein Konzept für ein Gebäude entwickelt. Das hat Veränderungen an der Veranstaltungsfläche vorgenommen, hat diese Nutzung zusammengebracht, auch miteinander stärker verwoben. Und ich glaube, die größte Herausforderung war eigentlich am Anfang, Menschen zu überzeugen, dass eine Veränderung positive Wirkung haben kann. Also, sozusagen mal Politik zu überzeugen, Verwaltung mitzunehmen, dass so was funktionieren kann, dass man vielleicht bestimmte Schranken löst. Also, dass eine Bibliothek zukünftig nicht mehr hinter verschlossenen Türen zwingend sein muss. Dass die offen in einem Raum sein kann, wo auch andere Menschen kommen, die nur ein Ticket kaufen wollen oder an die Information gehen oder zur Musikschule gehen. Also, diese, ich sag mal, Verzahnung der unterschiedlichen Dinge und Menschen mitzunehmen, sich darauf einzulassen, etwas Neues auszuprobieren, ist gerade, sag ich mal, natürlich bei einem baulichen Projekt eine riesige Challenge. Weil, wenn ich was in Beton gieße und es funktioniert nicht, dann habe ich es für die nächsten 30 Jahre in Beton gegossen und vielleicht auch Fehler gemacht und da dran zu arbeiten, da zu überlegen, die Leute dazu zu kriegen, ich glaube, das ist eigentlich die wichtige Aufgabe, die in diesen Projekten ganz am Anfang entsteht.

Ariane Breuer: Danke. Ich habe auch gelesen, dass es für das Thema Kunst und Kultur ja auch einiges an öffentlichen Mitteln gibt und ihr die Kommunen auch dabei unterstützt, diese Mittel entsprechend abzurufen und einzusetzen. Ich habe auf eurer Website ein Zitat gefunden, das ich gerne ansprechen würde. Und zwar habt ihr dort herausgestellt, dass eigentlich je größer eine Stadt, desto mehr Mittel gibt sie auch für dieses Thema aus. Jetzt geht es den Großstädten ja teilweise weniger schlecht als den Mittelstädten und den Kleinstädten. Und ich bin davon überzeugt, dass die auch oder vielleicht sogar gerade diese Kommunen ja auch genau diese Konzepte in ihrer Stadt brauchen und eigentlich auch noch viel mehr ausprobieren können, teilweise als die ganz Großen. Also die sind ja sehr mutig, sehr experimentierfreudig und wollen eben auch genau diese Konzepte in ihre Stadt bringen. Jetzt ist für mich als Mitgründerin des Stadtretternetzwerks natürlich ganz wichtig zu fragen: Was können wir denn tun, um eben auch hier diese Stadtgrößen stärker in den Fokus zu bringen? Könnt ihr dabei unterstützen? Was ist denn nötig, um eben ja nicht nur die großen Städte zu großen Kunst- und Kulturräumen werden zu lassen, sondern eben auch die Mittelstädte und die Kleinstädte?

Frank Schellenberg: Also ich würde das tatsächlich wahrscheinlich gar nicht so sehen, dass die Klein- und die Mittelstädte da gar nicht so experimentierfreudig sind und die Großen nur die experimentierfreudig sind. Klar, die großen Städte haben häufig manchmal leichter mit bestimmten Mitteln auf irgendwas zu werfen und es mal auszuprobieren, weil sie vielleicht insgesamt mehr Finanzmittel zur Verfügung haben. Aber ich finde schon, dass ich an vielen Orten, wo Ressourcen knapp sind – wir haben lange in der Lausitz gearbeitet, wo es nicht immer sozusagen die besten sozusagen finanziellen Möglichkeiten gibt – durchaus viele Menschen gibt, die sehr, sehr kreativ überlegen: Okay, wie können wir in unseren Rahmen eigentlich das Beste machen? Und auch bereit sind, sag ich mal, dann eigene 

Pfründe sozusagen zu verlassen und das viel, viel stärker, weil sie eben merken: Wenn wir jetzt nicht daran mitwirken, was zu verändern oder was Neues zu ermöglichen, dann passiert es nicht, weil das Geld nicht einfach irgendwo vom Himmel fällt und kommt. Und ich glaube, Kommunen müssen sich insgesamt an der Stelle fragen, wenn sie begrenztere Mittel zur Verfügung haben: Worauf konzentrieren wir uns? Ich denke, häufig wird noch sozusagen zu viel auch in die Breite gewirkt. Das hat auch bestimmte Vorteile natürlich, aber ich sag mal, wenn man jetzt im Hinblick auf Attraktivität, auf Wahrnehmung von außen guckt, glaube ich, macht zuweilen auch Schwerpunktsetzung ungemeinen Sinn für die Städte und zu überlegen: Okay, was und wo tue ich? Das Zweite ist, glaube ich, Partner suchen. Nicht immer nur sozusagen in seiner eigenen Suppe kochen oder sich auf sich selber konzentrieren, sondern zu überlegen: Wer hat noch das Problem? Gerade Kommunen haben ja eigentlich alle in Anführungsstrichen ähnliche Probleme und deshalb ist auch so toll eigentlich, glaube ich, was ihr tut im Stadtretternetzwerk, dass man sagt: Okay, wir können Beispiele aus unterschiedlichen Kommunen weiterbringen, weil die sind auch adaptierbar auf andere Situationen. Und das passiert insgesamt noch zu wenig. Also in der Kultur ist es zum Beispiel so, fast alle haben die Herausforderung, Ticketsysteme, Digitalität einzuführen und solche Dinge und stehen da den ähnlichen Aufgaben über. Aufgrund der Finanzierungsstrukturen ist es aber häufig so, dass es sozusagen in irgendwelchen Silos passiert. Die eine Kommune tut es, die nächste tut es auch, die dritte auch. Wenn dort mehr sozusagen Verbindungen stattfinden würde, wäre schon viel getan, glaube ich.

Ariane Breuer: Wenn wir jetzt in einem Stadtretter Webtalk wären, es wäre ja auch ein sehr spannendes Thema für ein Webtalk, in dem dann eben auch klassischerweise viele Kommunen zuhören, würde vermutlich eine Hand hochgehen und die Frage käme auf: Was sind das für Gebäude, die ich als Kommune in so eine Entwicklung geben kann? Müssen die mir gehören? Muss das eine öffentliche Einrichtung sein? Kann das auch ein Kaufhaus sein, was ich vielleicht jetzt kaufe als Kommune, was mir gehört? Also wie ist klassischerweise so der Einstieg oder der erste Kontakt zu euch zu betrachten Wann komme ich als Kommune mit welchem Objekt oder welcher Idee auf euch zu?

Frank Schellenberg: Also ich glaube, die Art der Infrastruktur gibt erstmal nicht so viel sozusagen Grenzen. Also ob jetzt Kaufhaus oder Freifläche oder Platzanlage oder, ich sag mal, altes Theater, ist erstmal sozusagen egal. Das definiert zwar dann die Möglichkeiten, was ich da drin machen kann, aber ich glaube, man kann schon auf die einzelnen Dinge gucken. Also wir haben auch für Kaufhausflächen sozusagen schon, ich sag mal, Nutzungen entwickelt, die Kultur und Gastronomie und andere Dinge enthielten. Herausforderungen entstehen dann oft aus meiner Sicht, wenn es darum geht, Eigentum, Verfügbarkeit, Betrieb zu klären, weil das natürlich schon häufig so ist, dass Kultur und Kunst nicht immer sozusagen selbstständig einen Beitrag dazu leisten kann, Mieten zu zahlen oder ähnliches. Das ist auch unterschiedlich, muss man sagen, aber ich sag mal, wir haben die Kreativwirtschaft häufig sehr kleinteilig, damit sozusagen totale Aufwände für den Vermieter, weil er ganz viele Einzelverträge schließen muss im Zweifelsfall, da brauche ich irgendwas, was bündelt. Oder wir haben, ich sag mal, klassische Kultureinrichtungen, die zuschussfinanziert sind, also nicht in der Lage sind, im Regelfall ohne den Zuschuss auch eine Mietzahlung zu zahlen. Und dann wird es mitunter nicht ganz einfach, weil dann kommen die Interessen, ich sag mal, vielleicht eines privaten Eigentümers, der eine entsprechende Rendite haben will, dann kommt eine Stadt, die sich was leisten muss und da sozusagen die richtige Lösung zu finden, ist nicht unbedingt ein einfacher Prozess. Mein Gefühl ist, Eigentum auf städtischer oder kommunaler Seite hilft mitunter, aber ja.

Frank Rehme: Jetzt erlebe ich hier gerade in Düsseldorf, also ich sitze hier in Düsseldorf und ich erlebe gerade Folgendes, dass es immer bei solchen Ansiedlungen von Kultur ja auch immer so einen Spagat gibt. Einmal etwas für die breite Masse zu schaffen, aber auch natürlich etwas Besonderes da hinzustellen. Wir haben ja gerade einen Kaufhof, am Wehrhahn, einen ganz alten, der ist zu schon seit ein paar Jahren und dieses Gelände wurde jetzt aufgekauft, um dort eine Oper zu bauen. Und jetzt geht natürlich alles steil hier in dieser Stadt, weil nur das Grundstück 137 Millionen kostet, wo der eigentliche Verkehrswert bei 50 Millionen liegt. Aber man sagt, weil eine Oper 100 Jahre Nutzungszeit hat, ist damit auch der Bodenpreis höher. Ich habe diese Kombination auch noch nie gehört. So und da geht natürlich hier jetzt alles steil, man sagt, wer geht denn überhaupt in die Oper? Wenn man da jetzt auch etwas drauf baut, ist man schnell bei einer halben Milliarde. Und da sagen natürlich viele: Können wir hier nicht etwas lieber machen, was für die breite Menge irgendwo mehr nutzbar ist? Habt ihr solche Diskussionen auch bei euch in den Projekten, dass man den Spagat hinbekommen muss zwischen etwas, was nur einer kleinen Zielgruppe entspricht und das, was man eigentlich für die breite haben möchte?

Frank Schellenberg: Ja, ich glaube tatsächlich, wenn man jetzt sozusagen in solche großen Kulturbauprojekte wie Opern, Konzerthäuser, Museen denkt, gibt es kein Projekt mehr, was ohne diese Diskussion verläuft. Und ich glaube, es gibt auch kein Projekt mehr, wo ich nicht von Anfang an überlegen muss: Wie gestalte ich diese Diskussion mit? Auf der anderen Seite vergessen die Leute gerne, was diese Gebäude doch für Wechselwirkungen noch haben. Also die Elbphilharmonie ist eigentlich ein ganz schönes Beispiel. Wenn wir in die Diskussion schauen in der Bauzeit, die unheimlich hohen Summen, die dort aufgerufen wurden für den Bau dieses Gebäudes, die Kritik und Tempel, Elitär und was weiß ich. Und wir schauen darauf, was dieses Gebäude heute für Hamburg bedeutet, als Sehenswürdigkeit, als Attraktion, als öffentlicher Raum mit über zwei Millionen Besuchenden auf einer Plaza, die natürlich ein touristischer Aussichtspunkt ist. Dann, finde ich, sieht man an dem Beispiel schon ganz deutlich: Heute redet niemand mehr eigentlich über die ungeheuren Kosten dieses Gebäudes, sondern man freut sich, welche Aufmerksamkeit die Stadt kriegt. Es ist immer ein Teil des Besuches, wenn jemand nach Hamburg fährt. Es ist auch nicht mehr als Ort wahrgenommen, der abgeschottet ist. Musik erreicht ganz viele unterschiedliche Menschen, ist nicht nur ein klassisches Orchester, auch Pop und solche Dinge finden dort statt. Also ich sag mal, man sieht glaube ich ganz gut, was so ein Ort dann am Ende schon schaffen kann.

Frank Rehme: Ja, ich greife noch mal auf, das was die Ariane gerade sagte. Es ist ja eigentlich ein ideales Thema für ein Webtalk, vor allen Dingen auch, dass man noch mehr Städte erreicht, in diesen Arten von Konzepten dann auch zu denken, wie man Leerstände mit Kultur ja komplett einer neuen Nutzung zuführen kann. Ariane, habt ihr hier auch speziell bei euren Leerstandslotsen, ich mache jetzt mal den Side-Step zu den Leerstandslotsen, habt ihr da auch häufig diese Geschichte, dass dieses Kulturthema immer mit dabei ist?

Ariane Breuer: Ja, also es wird ganz stark nachgefragt. Wir haben auch extra wirklich eine Filtermöglichkeit geschaffen, nur um nach Kunst und Kultur eben suchen zu können auf unserer Plattform. Das wird gut angenommen. Es ist immer genau auch dann dieser Spagat mit der Wirtschaftlichkeit, von dem Frank eben gesprochen hat. Das ist am Ende immer ein Thema und es ist die Frage: Wird es denn angenommen? Also es ist so ein bisschen Henne-Ei-Problematik. Möchte man ein Angebot schaffen, was eine bestimmte Zielgruppe anzieht oder muss man erst mal schauen: Was ist eine Zielgruppe, was für eine Zielgruppe ist vor Ort und schaffe ich für die dann das entsprechende Angebot? Deswegen ist es so wichtig da Alternativen zu schaffen, eine Mischung zu schaffen und sicherlich ist nicht jede Stadt für eine Oper geeignet. Von daher, das muss man sich genau anschauen. Dafür braucht man entsprechende ja auch Beratungsunternehmen mit Erfahrungen wie zum Beispiel Actori.

Frank Rehme: Und da sollten wir gucken, dass wir auf jeden Fall die Kommunikation in dem Bereich nochmal aufrecht erhalten, weil ich sehe auch ganz viele Chancen an der Ecke. So ja, mit Blick auf die Uhr habe ich noch ein kleines Spielchen für euch und zwar, wo ihr beide mal gegeneinander spielt und zwar heißt unser Spiel jetzt: Wie viel Stadt bist du? Ich stelle jetzt fünf Fragen und dann wollen wir mal gucken, wer von den fünf Fragen jetzt die meisten beantwortet. Fangen wir mal mit der ersten an. Welche Stadt ist die größte von folgenden dreien: Leipzig, Essen oder Düsseldorf?

Ariane Breuer: Leipzig.

Frank Schellenberg: Leipzig hätte ich auch getippt, ja.

Frank Rehme: Ja, beide leider 0 Punkte.

Ariane Breuer: Ach Quatsch.

Frank Rehme: Es ist Düsseldorf.

Ariane Breuer: Frank, du möchtest uns hier blamieren. Ich weiß nicht, ob ich das gut finde. Mach mal weiter.

Frank Rehme: Ja, genau. Pass auf, jetzt aber etwas einfacheres. Wie viele Städte gibt es in Deutschland? 1.354, 1.923 oder 2.051?

Ariane Breuer: Ich kann ja sagen, wie viele Kommunen es gibt. Frank, ich lasse dir jetzt mal den Vortritt.

Frank Schellenberg: 1.354.

Frank Rehme: 2.051. Damit geht der Punkt an Ariane, weil sie hat sich nicht geäussert. 

Ariane Breuer: Ach so funktioniert das, wunderbar.

Frank Rehme: So funktioniert das, genau, richtig. So, dann, welche Stadt ist keine Hochschulstadt? Halle in Westfalen, Oestrich-Winkel oder Nürtingen?

Ariane Breuer: Nürtingen.

Frank Schellenberg: Nürtingen, ja.

Frank Rehme: Halle in Westfalen, leider. 

Ariane Breuer: Oh Frank, wir sind wirklich schlecht.

Frank Rehme: Oestrich-Winkel hat eine Privathochschule und Nürtingen hat die Hochschule für Wirtschaft.

Frank Schellenberg: Da kommt schon raus, wir sind null Stadt, am Ende.

Frank Rehme: Genau, da kommt jetzt die vorletzte Frage: Welche Stadt liegt nördliche? Friedrichshafen, Füssen oder Garmisch?

Ariane Breuer: Friedrichshafen.

Frank Schellenberg: Friedrichshafen.

Frank Rehme: Beide richtig.

Ariane Breuer: Ach Gott sei Dank.

Frank Schellenberg: Jawoll.

Frank Rehme: Gott sei Dank, genau, richtig.Ariane Breuer: Wir lassen die letzte Frage drin, den Rest kannst du rausnehmen, Frank. Nein, nein, wir lassen immer alles stehen bei den Stadtrettern. Wir stehen dazu.

Frank Rehme: Genau. Jetzt kommt aber eine ganz einfache, ich glaube, da könnt ihr alle echt gut punkten. In welcher Stadt stehen die meisten Brücken? In Hamburg, Venedig oder Amsterdam?

Frank Schellenberg: Hamburg.

Ariane Breuer: Ich meine auch Hamburg.

Frank Rehme: Super. Damit steht’s unentschieden bei euch beiden, 2:2. Hamburg hat 2.472 Brücken und damit mehr als Venedig und Amsterdam zusammen. Okay.

Ariane Breuer: Aber Frank, das hast du auch vorher gegoogelt, oder? Komm.

Frank Rehme: Ja, natürlich, meinst du, ich weiss so was? Also, hör mal.

Ariane Breuer: Sag bitte ja, damit wir uns besser fühlen.

Frank Rehme: Ich habe mich total gegoogelt und ich habe auch bewusst schwierige Fragen genommen. Wir wollen ja auch einen Mehrwert für unsere Hörerschaft dabei raus bekommen und deshalb haben wir die Fragen so gewählt. Gut, ich sage vielen Dank.

Frank Schellenberg: Alle, die das wissen, können sich jetzt besser fühlen, das ist doch auch gut.

Frank Rehme: Genau, richtig. Aber haben ja beide gewonnen, insofern alles gut. Gut, ja, dann sag ich vielen Dank Frank auch nochmal und Ariane natürlich hier für unsere Zeit und sag, bis zum nächsten Mal.

Ariane Breuer: Danke, hat wie immer Spaß gemacht.

Frank Schellenberg: Danke, Tschüss.

Ariane Breuer: Wenn es Themenwünsche gibt, meldet euch gerne bei uns. Bis bald. Tschüss.

Outro: Die Stadtretter – Der Podcast

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