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Stadtretter-Podcast #15 – “Immobilien und Standortentwicklung next Generation”




Stadtretter-Podcast #15
“Immobilien und Standortentwicklung next Generation”


Und hier ist Folge #15 für Euch!

Diesmal mit Ralf-Peter Koschny von bulwiengesa und der Frage: Was ist eigentlich eine sinnvolle Innenstadtentwicklung?


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Frank Rehme: Stadtretter-Podcast. Die neue Folge ist live. Heute mit zwei hochinteressanten Gästen. Einmal den Ralf-Peter Koschny von Bulwiengesa und natürlich wieder unseren Stefan Müller-Schleipen von den Stadtrettern. Hallo zusammen.

Stefan Müller-Schleipen: Hallo, Frank.

Ralf-Peter Koschny: Hallo, guten Morgen.

Frank Rehme: So, bevor ihr euch vorstellt, will ich auch mal ein paar Worte zu mir sagen. Vergesse ich ja eigentlich nicht immer. Ich bin Frank Rehme, beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Handel und Innenstadtentwicklung. Ja, und bin im Stadtretter-Netzwerk auch von Beginn an unterwegs. So, und jetzt die drei Leute, die dich noch nicht kennen, Ralf-Peter, stelle dich doch einfach mal vor, dass die jetzt auch ihre Wissenslücke ausgebügelt haben.

Ralf-Peter Koschny: Ja, das mache ich gerne. Moin, wie wir in Hamburg sagen. Gut, mein Name ist Ralf Koschny. Ich bin Vorstand bei Bulwiengesa und ich komme im Grunde genommen aus dieser ganzen Einzelhandelsgeschichte. Also, dieser Namen Bulwingesa setzt sich ja auch zusammen aus Gesa und Gesa gehörte damals zum co op-Konzern und co op war mit der größte Lebensmittelhändler überhaupt. Von daher haben wir eine sehr, sehr starke Affinität zum Handel und darüber hinaus ging das natürlich auch stark zur Innenstadtentwicklung. Ich habe das natürlich so ein bisschen verloren, weil ich natürlich auch viel Vorstandsarbeit mache, aber mein Herz schlägt nach wie vor für den Einzelhandel und alles, was damit zusammenhängt, Innenstadtentwicklung, Shoppingcenter und so weiter und so fort.

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Frank Rehme: Ja, kommen wir zum Stefan.

Stefan Müller-Schleipen: Soll ich gleich übernehmen?

Frank Rehme: Ja.

Stefan Müller-Schleipen: Guuude, wie man hier in Hessen sagt. Ja, wenn Ralf-Peter mit einem Moin kontert, muss ich gleich noch einen draufsetzen. Ja, ich bin Mitgründer der Initiativen „die Stadtretter“, sollten ja eigentlich hinreichend bekannt sein. Für diejenigen, die es noch nicht wissen: Wir bringen interessante Menschen und Lösungen und Gemeinden zusammen, weil unsere Innenstädte eine Überarbeitung notwendig haben. Ich sage es mal so. Ja, und es treffen sich bei den Stadtrettern Menschen, denen dieses Thema am Herzen liegt und die vereint dieses Ziel und wir bringen ganz viele Menschen unterschiedlicher couleur aus diversen Städten und Gemeinden, aber auch aus der Privatwirtschaft zusammen und arbeiten dran. Das ist so die grob, schnell Vorstellung.

Frank Rehme: Ja, und in unserem Vorgespräch haben wir mal überlegt: Was ist der rote Faden? Und der rote Faden, den wir uns ausgesucht haben, den finde ich hochgradig spannend und ich glaube, wenn wir einfach jetzt mal die Pferde laufen lassen in diesem Gespräch, dann dauert dieser Podcast zwölf Stunden. Soviel Zeit haben wir nicht. Deshalb wollen wir mal schauen, dass wir hier schnell auf den Punkt kommen und deshalb stelle ich die Frage an Ralf-Peter: Was ist eigentlich eine sinnvolle Innenstadtentwicklung?

Ralf-Peter Koschny: Also ich fange mal damit an: Was ist keine sinnvolle Innenstadtentwicklung? Weil im Moment habe ich das Gefühl, dass sich unheimlich viele Akteure mit der Innenstadt beschäftigen, ohne strategisch vorzugehen oder planungsvoll vorzugehen. Also wir haben es mit Architekten zu tun, mit Stadtplanern, mit Eigentümern, mit Wirtschaftsförderung und alle versuchen, irgendwie über Konzepte zu reden, über Maßnahmen zu reden, ohne dass das irgendwie abgestimmt wird oder zunächst überlegt wird: Welche Grundlagen haben wir eigentlich für eine richtige Innenstadtentwicklung? Weil die Innenstädte sind ja wahnsinnig unterschiedlich und wir können nicht die gleichen Maßnahmen in der gleichen Innenstadt machen. Also ich würde das sogar härter ausdrücken wollen. Vielleicht haben wir sogar Innenstädte, wo man tatsächlich nichts machen kann, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Und ich plädiere ganz stark dafür, zuerst mal die Rahmenbedingungen abstecken und dann kann man sich überlegen: Was ist denn für die jeweilige Stadt dann tatsächlich sinnvoll?

Frank Rehme: Und du sprichst ja von diesen Rahmenbedingungen, welche wären denn so die Kernrahmenbedingungen, die man klären muss vorab?

Ralf-Peter Koschny: Na ja, im Grunde genommen sind die Innenstädte ja unterschiedlich groß. Wir haben Städte mit großen A-Lagen, mit kleinen A-Lagen, wir haben B-Lagen, wir haben C-Lagen, in einigen Städten erodieren die B-Lagen, ganz stark die C-Lagen, in einigen Städten erodieren sogar die A-Lagen. So, da muss man sich überlegen: Wie viel Handel passt da eigentlich rein? Wie viel Handel hat überhaupt eine Chance in dieser Stadt? So, das ist ja die entscheidende Frage, weil die Innenstadt wird sehr stark über Handel geprägt. Wir sind zwar auch dabei, andere Nutzungen jetzt zu etablieren, aber Handel und die anderen Nutzung brauchen eben Fundament. Und Fundament ist die Bevölkerung. Und für bestimmte Nutzungen brauchen wir eben eine bestimmte Anzahl von Bevölkerung mit einer entsprechenden Kaufkraft. So, und wenn wir das festgestellt haben, wie viele Leute haben wir eigentlich, wie viel Kaufkraft haben wir eigentlich und was wollen die denn da in der Innenstadt, dann können wir weiter überlegen. Wir haben tatsächlich auch in Deutschland sehr, sehr viele Innenstädte, wo die Rahmenbedingungen extrem schlecht sind. Also, wo wir zum Beispiel keinen Bevölkerungswachstum haben, sogar massive Bevölkerungsrückgang. In solchen Städten ist es wahnsinnig schwierig, was zu machen, weil das Fundament eben fehlt. Wahrscheinlich wird man dann mit anderen Ansätzen arbeiten müssen, also wahrscheinlich wird auch der Staat gefragt sein, die entsprechende Unterstützung zu machen. Aber es ist eigentlich leichter in Städten was zu machen, die gute Rahmenbedingungen haben, also sprich Bevölkerungswachstum, guten Einzugsbereich, gute Kaufkraft. Da kann man im Grunde genommen die ganze Tastatur der Innenstadtentwickler herunterspielen, dann macht man nicht so viele Fehler. Aber in dem Moment, wo die Rahmenbedingungen nicht stimmen, da ist es echt gefährlich Fehler zu machen.

Stefan Müller-Schleipen: Ja, dazu muss ich gleich was sagen. Fehler machen, ist ein schöne Stichwort. Ganz oft haben wir aber auch den Effekt in Deutschland, dass lieber nichts gemacht wird, als Fehler zu machen oder die Angst davor haben, Fehler zu machen. Und ich glaube, davon müssen wir weg. Und die größte Herausforderung, die uns jetzt gegenüberliegt ist: Wie reagieren wir auf diesen Druck auf unsere Innenstädte? Und ich glaube, wir müssen umdenken. Schönes Beispiel: Als wir gestartet sind mit der Initiative „Die Stadtretter“ 2020 im Sommer, haben wir sehr schnell, sehr viel Widerstand auch erfahren. Was ist das denn für eine Truppe? Da gibt es auch Experten für. Die Innenstadt wird nie sterben. Solche Sachen sind uns da entgegengeschleudert worden. Und wir haben auch mal damals schon Sachen diskutiert wie eine Vorkaufsrechtsatzung. Oh, da kam aber Druck aus der Immobilienwirtschaft. Nein, brauchen wir nicht. Vorkaufsrechtsatzung, das regelt alles der Markt. Ich freue mich, dass wir heute drei Jahre später sehen, dass dieses Umdenken in den Köpfen langsam stattfindet. Und die Leute sagen: Mensch, vielleicht waren die Stadtretter mit diesem Ansatz schon ihrer Zeit voraus, weil wir wirklich umdenken. Und ich habe heute einen hochinteressanten Web Talk mit Gerrit Heidemann gehört, der auch das Wort Vorkaufsrechtsatzung und Enteignung in den Mund genommen hat. Und ich glaube, das war bis vor Kurzem nicht denkbar, auf solche scharfen Schwerter und da wirklich reglungspolitisch harte Maßnahmen mal anzusprechen und durchzudenken. Weil was machen wir denn, wenn ein Eigentümer, der einen riesen Klotz in der Innenstadt hat, sich jegliche Entwicklung verweigert? Und wir sind auf einem guten Weg. Wir sind noch lange nicht da, wo wir hinwollen. Aber was Ralf-Peter gesagt hat, in die Richtung, wir brauchen für jede Stadt ein eigenes Konzept eigentlich, kann ich auch nur unterschreiben. Ich hoffe aber, dass wir auf diese Umdenkschiene und dem Öffnen unseres Horizontes auf diesem Weg weitergehen, weil diese Krise haben wir von Anfang an unterschätzt, und sie ist massiver gekommen, als wir es alle haben erträumen lassen.

Ralf-Peter Koschny: Zwei Stichworte hast du genannt, die will ich mal aufgreifen. Stichwort Markt und Stichwort Vorkaufsrecht. Fangen wir mal mit dem Vorkaufsrecht an. Mich ärgert es unglaublich, dass die Kommunen es nicht schaffen, bei den entsprechenden Lagen ihre Vorkaufsrechter auszuüben. Also ich weiß, so viele Beispiele aus Hamburg, wo dann Grundstücke durchgehandelt wurden, immer teurer geworden sind und dann jegliche städtebauliche Entwicklungen nicht mehr möglich war. Wenn die Stadt vorher Vorkaufsrechter ausgeübt hätte, wäre das hundertprozentig anders gelaufen. Und ich verstehe nicht, warum das nicht passiert ist, warum die Kommune oder die Stadt nicht in der Lage ist, vorausschauend zu gucken, um solche Möglichkeiten eben stärker zu nutzen. Also ich denke da ein Altona, ich denke da ein Hafencity und so weiter und so fort. Mit Vorkaufsrecht, das wäre richtig gut, da könnten wir Entwicklung steuern, das ist völlig klar. Das Thema Markt, das müssen wir aber immer im Kopf behalten. Also ich war jetzt viel bei Veranstaltungen, wo auch das Thema Kaufhaus besprochen wurde. Was machen wir jetzt mit den Kaufhausimmobilien? So dann kamen dann so ganz schlaue Architekten und Stadtplaner, die dann gesagt haben: Ja, dann machen wir Wohnen und das wird dann alles ganz schick und das wird dann die Stadt beleben. Aber wenn man sich da mal die Wohnsituation in vielen Städten anguckt, also ich sage mal, wenn wir so in einer Innenstadt, ich sage mal eine Marktmiete von 10 Euro haben, wie wollen wir dann ein Kaufhaus umbauen? Also das Kaufhaus muss angekauft werden, es muss saniert werden, es muss entkernt werden, es muss neu aufgeteilt werden. Wir kommen da nie eine Kostmiete von 10 Euro, es wird immer teurer sein. Das heißt, das meine ich eben: Was ist realistisch? Was ist sinnvoll? Was kann man machen? Also in dem Moment wird man mit herkömmlichen Investitionen eben solche Stadt nicht wieder beleben können, mit solchen normalen Investitionen kriegt man dann eben keine Kaufhausimmobilien so hin, dass sie wirklich tatsächlich in Wohnen umgenutzt werden kann, weil es ist einfach am Markt vorbei produziert. Und trotzdem wird sich dann zusammengesetzt: Und ja, wir sollten, wir müssten und warum machen wir das nicht? Und ich sage dann: Leute, diese Überlegung könnt ihr euch einfach sparen, weil die völlig unrealistisch ist. Denkt lieber über was anderes nach.

Stefan Müller-Schleipen: Ja, bin ich bei dir. Noch einen halben Schritt zurück, Vorkaufsrecht, es wird ja immer noch schwarz-weiß gedacht. Das heißt ja nicht, dass die Kommune wie wild jetzt Immobilien aufkauft in der Innenstadt, sondern das heißt nur, sie erfährt von einem geplanten Verkauf und kann einschreiten, hat einen Informationsvorsprung, kann einschreiten, kann gucken, in welche Richtung sie vielleicht dieses Quartier, diese Immobilie entwickeln möchte, um auch mit Käufer und Verkäufer in die Diskussion zu kommen. Das reicht ja ganz oft schon. Sonst passieren Transaktionen am Markt, von denen sie nichts mitkriegt. Also Vorkaufsrecht, Haken dran. Zum Thema Markt, geb ich dir Recht. Es gibt ja diverse Studien, wie schnell man, wenn man Warenhäuser oder Büros umnutzt, Wohnraum schaffen kann. Das passt nicht immer. Aber auch da wird ziemlich eindimensional gedacht. Immer die Top-Lagen in den Innenstädten oder oder oder. Ich bin froh, dass wir im Netzwerk diese initiative Wohnen Stadt Gewerbe gegründet haben. Stadt mit DT und Ralf-Peter, ihr seid ja mit Bulwiengesa da auch einer der Treiber und vor allen Dingen auch Basis-Datenlieferer, wo wir uns wirklich jetzt mal anschauen und sagen: Was kann man mit den vielen nicht mehr marktgängigen Immobilien, die auch zum großen Teil aus dem aus Büroimmobilien bestehen, wirklich machen? Kann man wohnen reinmachen und wenn ja wie viel und wenn ja wie schnell und wenn nicht, welche Umnutzung gibt das? Aber nicht fokussiert auf die reine Immobilien, sondern auf das Quartier, wo die Immobilien liegt und ich freue mich sehr, dass ihr diesen Ansatz von uns so mitgeht und wir jetzt da eine eine Truppe aufgestellt haben, die nicht von der Politik fordert, bevor sie ins Machen kommt oder die irgendwelche Handlungsempfehlungen entwickelt, sondern die sagt: Wir akquirieren jetzt Immobilien, wo wir gemeinsam mit der Stadt und der Eigentümer mal zeigen, welche neuen Funktionalitäten da entwickelt werden können. Super, danke erst mal dafür.

Ralf-Peter Koschny: Aber das ist schon wieder das nächste Stichwort, was du sagst: Akquisition von Immobilien. Das ist dann die Voraussetzung überhaupt weitermachen zu können. Und da muss man sich eben tatsächlich mit den Stakeholdern zusammensetzen und sagen: Wie verläuft der Akquisitionsprozess? Wer ist Käufer, wer gibt das Geld? Weil wir uns immer mit auseinandersetzen müssen, welche Nutzung kommt da rein und welchen Ertrag bringt die Nutzung nachher rein? Also wenn wir jetzt sagen: Okay, wir haben da eine Immobilie, wir wollen Gewerbe zurück in die Innenstadt. Das macht ja total Sinn. Also nochmal ausgeholt. Unsere Innenstädte sehen ja im Grunde genommen nur so aus, weil der Handel seit, ich sag mal, der 80er-Jahren enorm filialisiert hat. Also die Textilhändler, die wollten Standort besetzen und immer größere Flächen haben, sind über die A-Lagen hinaus expandiert in die B- und C-Lagen hinein. Da ist jetzt Schluss, der Handel zieht sich zurück, der konzentriert sich auf wenige Standorte. Das heißt, wir haben im Grunde genommen so einen Flächenüberhang, so vom Handel. Und damit kann man im Grunde genommen ja recht gut umgehen, weil die Flächen sind mal da. So, da muss man sich nur überlegen: Was machen wir mit den Flächen? Wer kauft die auf? Arbeitet man zusammen mit den Grundeigentümern? Was natürlich klar ist, in der Regel ist es so, dass die neuen Nutzungen wahrscheinlich nicht so ertragreich sind, wie jetzt die ursprünglichen Handelsnutzungen. Da müssen Abstriche gemacht werden. Was ja im Übrigen passiert, wir sehen das ja ganz klar bei der Wertentwicklung der Geschäftshäusern, die haben ja Einbußen gehabt in den letzten Jahren, die sind abgewertet worden. Was im Grunde genommen für die Anleger blöd ist, natürlich für die zukünftige Nutzung etwas besser ist, weil natürlich dann auch ein Mietpreis aufgerufen wird, der nicht mehr so hoch ist, wie der ursprüngliche Mietpreis. Also man kann fast sagen, vielleicht ist das so aus Stadtplaner- und Stadtentwicklungssicht vielleicht auch mal eine ganz gesunde Entwertungen, das ganz vorsichtig jetzt ausgedrückt. Aber wir haben ja eine Wertentwicklung gehabt, in den letzten Jahren, die war echt hoch, also die ganzen Geschäftshäuser, die haben sich sehr, sehr stark in den Werten entwickelt, die Mieten sind hoch gegangen aufgrund der hohen Nachfrage und das ist in den letzten zehn Jahren alles nach oben gegangen. Dass die Entwicklung irgendwann mal abbricht ist klar und das haben wir jetzt. Und das gibt natürlich jetzt für Eigentümer eine blöde Situation, das ist ein Abwertungsprozess, aber auf der anderen Seite natürlich wieder Chancen, weil wir mit anderen Nutzungen da reingehen können.

Frank Rehme: Jetzt mal ein kurzer Hinweis in eigener Sache und zwar könnt ihr die Stadtretter auch unterstützen. Und das ohne einen Cent auszugeben, indem ihr einfach die Stadtretter weiter empfehlt, den Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden davon erzählt, welch cooles Netzwerk das hier ist. Dann könnt ihr natürlich gerne eine Bewertung im Podcatcher eurer Wahl abgeben, am besten natürlich immer fünf Sterne und abonniert den Newsletter, dann seid ihr immer bestens informiert. So jetzt geht es aber weiter.

Jetzt haben wir ja gerade über dieses Wohnen in der Innenstadt gesprochen. Gibt es denn überhaupt noch ein Rechenbeispiel? Ich sage mal jetzt nicht der Kauf eines Warenhauses, sondern nehmen wir mal eine Freifläche in der Innenstadt. Kann man auf einer Freifläche in der Innenstadt zu den Bodenpreisen, die da sind, überhaupt markpreisgerechte Wohnungen bauen, die überhaupt noch bezahlbar sind oder ist das durch den hohen Bodenpreis eigentlich schon eine Geschichte, die man nie rechnen kann?

Ralf-Peter Koschny: Kommt drauf an. Es gibt natürlich Städte, wo das sicherlich noch möglich ist, wo der Bodenpreis nicht so hoch ist, aber das sind im Grunde genommen auch Städte, die ich sage mal jetzt in der Bewertung nicht so stark sind. Also ich sage mal, wenn man so eine Stadt hat, wie was weiß ich Heidelberg oder so was, da ein Grundstück in der Innenstadt und dann Wohnungen zu bauen, dann kommt man natürlich auch in sehr, sehr hohe Kauf- und Mietpreise. Das ist völlig klar. Die haben natürlich auch höhere Kauf- und Mietpreise, sodass ich das so ein bisschen ausgleichen kann. Also ich würde nicht grundsätzlich sagen, dass die Bodenpreise zu hoch sind und damit man nichts machen kann. Also es wird ja auch sehr stark daran gearbeitet, Wohnungsbau zur Verführung zu stellen, der nicht diese absolut hohen Standards entspricht so, dass die Baukosten wieder runtergehen. Also wenn wir natürlich hohe Wohnpreise haben und klassische hohe Baukosten mit hohen Standards, dann ist das natürlich alles schwierig. Aber auch da müssen wir uns bewegen. Also es gibt ja auch schon Konzepte, wo wir jetzt sagen: Ja wir müssen eben von den herkömmlichen Wohnungsstandards abweichen und das ist dringend notwendig.

Stefan Müller-Schleipen: Danke, weil eigentlich Frank, ist die Frage falsch. Wenn du fragst: Kann man noch mit den derzeitigen Bodenpreisen und Baupreisen bauen? Sagt dir die komplette Immobilienwirtschaft: Nein, können wir nicht. Wir fordern von der Politik Geld, erst dann können wir wieder bauen. Punkt. Wir müssen uns eher fragen: Wie kann man noch bauen? Wie kann man Wohnraum schaffen mit den derzeitigen Voraussetzungen? Die sind nicht gut, das wissen wir alle, aber es gibt eine Menge engagierte Leute, die nicht sagen, survive ’til 25 oder wir machen nix ‘til 26. Sondern die sagen: Wenn man uns lässt und wenn wir so könnten wir wir wollten, dann kann man das. Und das heißt, wir müssen jetzt alle an einen Tisch bringen, den Gesetzgeber, die Bundesbauministerin, die Baufirmen und zeigen und es funktioniert nur, wenn einer vorangeht und zeigt, was möglich ist, wie man in so einem Reallabor, in so einem Experimentierraum so was mal hinstellt. Das Problem ist, es wird viel von Reallabor und Experimentierräumen gesprochen, es kommt aber nichts in die Umsetzung. Also, ich würde jetzt heute gerne Frau Geywitz auffordern: Ja, es gibt eine Truppe, die sagt, die geht da ran, wir machen sowas. Lassen Sie uns mal in so einem konkreten Projekt sowas durchdeklinieren, weil es gibt so einen tollen Spruch: Alle haben gesagt, das geht nicht – bis einer kam, der es einfach gemacht hat, weil der wusste gar nicht, dass es nicht geht. Und genauso müssen wir mit diesen Problemen umgehen und ich werde da immer gleich emotional, weil mich dieses Zaudern und Zögern extrem nervt. Wir waren mal ein Land der Macherinnen, der Anpacker, der Möglichmacher und jetzt nur noch, wir sind ein Land der Angsthasen und Abwarter geworden. Das müssen wir ändern.

Frank Rehme: Ja, wir haben zu viele Experten, denn die erkennt man immer daran, weil die nicht wissen, weil die immer wissen, warum etwas nicht geht.

Stefan Müller-Schleipen: Genau.

Frank Rehme: Das ist immer ganz gut in der Richtung. Ich möchte aber nochmal… Ja, dazu noch etwas?

Ralf-Peter Koschny: Ich glaube, es hängt auch damit zusammen, dass wir wieder lernen müssen, mehr Verantwortung zu übernehmen. Also ich kenne Projekte, auch Innenstadtprojekte, wo dann mit der Behörde auch ganz gut zusammengearbeitet wurde. Aber die zogen sich. Dann kam der Denkmalschutz und hat gesagt: Das geht aber nicht, weil das und das ist. Dann kam der Brandschutz. Ich habe in München mal gehört, genau die gleiche Situation, darum können wir das hier nicht machen. Also da müssen wir auch zusehen, dass also die kommunalen Vertreter und die Investoren auch sagen: Ich mache es einfach, ich übernehme die Verantwortung. Auch wenn da ein Restrisiko ist. Aber das ist immer so im Leben. Wenn wir alle Maßnahmen total absichern wollen, dann wird das nichts. Wir brauchen die Leute, die die Verantwortung übernehmen und sagen: Ich mache das Projekt und da am gemeinsamen Strang ziehen. Und das ist einfach noch zu wenig.

Frank Rehme: Ja, und da ist auch dieses Thema, dass viele juristische Verantwortung scheuen, denn mittlerweile kannst du ja alles irgendwie verklagen, vor den Kadi bringen. Und da haben viele auch Angst vor. Stefan?

Stefan Müller-Schleipen: Warum denken wir da aber nicht neu? Warum bleibt die Verantwortung in der Kommune? Warum machen wir keine Landesbaukompetenzzentren, wo man einen Bauantrag hinschickt, der KI geprüft wird, ob er die Regularien erfüllt oder nicht? Und dann sitzt nur noch einer drüber und wenn alles in der Ordnung ist, stempelt er das Ding und fertig ist die Laube. Und wenn die KI sagt: Da ist irgendwie ein Rechtsfehler drin oder ein Formfehler drin, guckt da nochmal und guckt, wie man ihn gerade ziehen kann. Wir müssen von diesem Kompetenzgerangel über Bauanträge, Denkmalschutz, Brandschutz innerhalb einer Kommune weg und landesweite Baukompetenzzentren schaffen, die über solche Bauantragsgeschichten, die oft aus persönlichen Befindlichkeiten, aus Angst vor Verantwortungsübernahme, auf Jahre lang liegen bleiben. Und wer von uns hätte den Lust, ich kriege ja immer schöne Beispiele geschickt per E-Mail, 400 Aktenordner Bauantrag in Papier zu prüfen, das ist per se für mich unmöglich. Und wenn wir da nicht schneller moderner und kompetenter werden, dann haben wir eh schon verloren.

Frank Rehme: Ja, aber Stefan denk dran…

Ralf-Peter Koschny: Das Schöne bei dieser ganzen Sache ist ja, wir haben ja also die Behörden, die ganze Gesellschaft ist, echt überaltert. Und wir werden viele, viele Abgänge in den Behörden haben, einfach die Leute gehen im Ruhestand und die werden nicht nachwachsen können. Soviel Nachwuchs haben wir dort nicht, obwohl ja viele junge Leute gerne in die Behörden gehen, Thema Verantwortung in Anführungsstrichen. Aber spätestens dann wird diese Digitalisierung an Fahrt gewinnen müssen, sonst können wir nämlich gar nichts mehr machen. Es kann nicht mehr abgearbeitet werden. So, wenn du dann mit deinen Kompetenzzentren kommst, dann macht das Sinn. Weil eins dürfen wir nicht vergessen, wenn wir solche Kompetenzzentren einrichten, dann zielen wir ja eben gegen diejenigen, die da schon irgendwie was arbeiten und die geben ja ungerne was ab. Also es muss ja ein richtiges Verständnis sein: Ja so ein Kompetenzzentrum macht Sinn, ich gebe auch Kompetenz an dieses Kompetenzzentrum ab. Und das allein ist unheimlich schwierig.

Frank Rehme: Aber Stefan, die Idee ist gut. Aber jetzt musst du erstmal einen Antrag stellen, dass man für eine KI eine Faxnummer zur Verfügung stellt.

Stefan Müller-Schleipen: Nein, den Antrag bin ich geschickt umgangen. Ich habe nämlich neulich im Workshop bei Frau Geywitz im BMWSB genau dieses Thema auf den Tisch gebracht. Es ist zumindest gehört worden. Ob es in die Umsetzung kommt, weiß ich nicht. Aber da müssen wir hin und ich spreche mittlerweile mit KI-Anbietern, die diese ganzen, ich sage es mal etwas, komplexen, aber langweiligen Behördenprozesse sehr schnell automatisieren können. Den Antrag eines Reisepasses, den Antrag der Hundesteuer. Solche Dinger kann man von den Sachbearbeitern wegnehmen und sie wirklich mit den interessanten Entscheidungen betragen.

Frank Rehme: Ich möchte noch mal einen Punkt aufnehmen, den der Ralf-Peter ganz zu Anfangs gesagt hat. Und zwar, ob wir auch mal, ja ich sage mal, den Mut haben, mal zu sagen: In dieser Stadt lohnt sich kein Handel mehr. Also ich bin ja auch in vielen Städten unterwegs und ehrlich gesagt bin ich manchmal sehr erschüttert, wenn ich sehe, dass manche Städte 50-60 Prozent Leerstand haben. Und da denke ich mir immer: Welcher Politiker hier, welcher Kommunalpolitiker hat jetzt da die Eier in der Hose zu sagen: Leute, wir machen das Thema Handel in unserer Innenstadt zu. Weil die dann, beim rausreisen sehe ich dann meistens die Fachmarktzentren auf der grünen Wiese, die eigentlich dafür gesorgt haben, dass die Innenstadtfrequenz runtergeht. Aber da sind wir glaube ich etwas rückständig. Wenn ich zum Beispiel durch Italien und Frankreich fahr, dann sehe ich häufig Orte, die Geisterstädte sind. Wirst du in Deutschland nicht finden. Das machen wir nicht. Gerade so im ländlichen Raum, Meck-Pomm, in Franken und auch hier im Hunszurück, wo ich gerade unterwegs bin, sieht man häufig Orte total überalter, jedes zweite Haus hat ein Schild dran: Zu verkaufen. Müssen wir da an unserer Philosophie etwas ändern, auch mal so etwas dann aushalten zu können?

Stefan Müller-Schleipen: Ich glaube, wir müssen ehrlicher werden. Wir diskutieren ja heute, ich möchte es mal am Beispiel Galeria Kaufhof fest machen. Jetzt werden 16 Filialen geschlossen und, und, und, und, und es bleiben noch so und so viele erhalten. Sowohl die Verbände als auch die politischen Institutionen klammern an einem überalteten System fest. Und so lange da kein Umdenken stattfindet, nicht nur bei der Politik, auch bei den Verbänden und zu sagen: Ja, wir machen kurz- bis mittelfristig wahrscheinlich alle diese Kästen zu und denken um. Und denken um oder umdenken heißt für mich auch, wir sehen es immer nur negativ. Wir haben jetzt eine Riesenchance, stadtbildprägende Immobilien, Räume, die im Zentrum unserer Innenstädte liegen, komplett neu zu denken und neu zu nutzen, so ein positives Entwicklungsmoment in unsere Innenstädte zu bringen. Solange wir dieses Umdenken im Kopf nicht haben und immer nur hören: Wir müssen die Rest-Kaufhofe erhalten und es wird schon irgendwie dann. Da sehe ich schwarz. Und zu denken: Wir machen jetzt mal überhaupt keinen Handel in unserer Stadt, ist neu, ist mutig und wenn man eine geile andere Nachnutzung findet für die Innenstadt, ist es vielleicht extrem innovativ.

Ralf-Peter Koschny: Ja, vielleicht müssen wir auch hinkommen und sagen: Es wird einfach Städte geben, die einfach keine Innenstadt mehr haben und das ist das Thema Ehrlichkeit. Also es gibt wirklich viele Städte, was ich eingangs gesagt habe, hohe Arbeitslosigkeit, hoher Bevölkerungsrückgang und so weiter, da ist es verdammt schwierig, da irgendwas noch zu machen. Und da muss man, denke ich, auch so ehrlich zu sein, das dann auszusprechen und sagen: Im Moment können wir nichts machen. Uns fallen viele Städte ein, wo das leider so ist, es ist schade, aber es ist so. Und da fällt mir auch nichts Innovatives ein. Aber es wird eben nicht ausgesprochen, was man der Bevölkerung wahrscheinlich auch nicht zumuten kann. Es ist natürlich ultra hart, so was zu sagen.

Stefan Müller-Schleipen: Ja, und wir müssen aber aufpassen, dass wir diese Städte trotzdem mit einer Grundversorgung etablieren. Sprich Lebensmittel, ärztliche Versorgung, Post, Bank etc. Wenn man das schafft, dann hält man sogar die Leute da. Natürlich werden sie zum Einkaufen woanders hingehen. Aber da leben ja auch zum Teil ältere Menschen, mobilitätseingeschränkte Menschen, weil der ÖPNV nicht fährt, weil es alles schwierig ist. Und Frank, du erinnerst dich an unseren letzten Podcast? Es gibt Institutionen, die sagen: Wir wollen da eine Grundversorgung in den Ortsteilen bieten, weil alles andere wird in dem Mittel- oder Oberzentrum vielleicht stattfinden. Auch das ist neues Denken.

Ralf-Peter Koschny: Also wahrscheinlich wird eine stärkere Vernetzung solcher Städte auch helfen, weil eine kleine Stadt kann nicht alles anbieten, sondern da müssen wir zugucken, dass eine Stadt das anbietet und die andere Stadt das anbietet. Dann würde man ja insgesamt einen größeren Kuchen haben, wo sich Sachen wieder besser tragen. Aber dafür ist eben die Mobilität erforderlich und diese Mobilität die kann man auch fördern. Das ist ja nicht so teuer. Also da gibt es ja durchaus Ansätze, die Bevölkerung mobil zu halten, um innerhalb dieser Netzwerke sich zu bewegen. Und das heißt, Stadt A hat mehr Gesundheit, Stadt B hat mehr Kultur, Stadt C hat mehr die Grundversorgung. Und wenn das über die Mobilität erreicht wird, dann sind wir in großem Schritt weiter.

Frank Rehme: Aber dazu, mein Lieber, müssen die Städte erst mal miteinander reden, die nebeneinander sind und dieses Wettbewerbsdenken aus den Köpfen ausschalten. So zum Abschluss jetzt nochmal für unsere Hörerinnen und Hörer: Wo seht ihr denn Städte, wenn die mal sagen: Mensch, wo kann man sich denn mal angucken, wer das gut macht? Habt ihr irgendwo positive Beispiele, die ihr irgendwo aufzeigen können, wo gerade so ein Change in die richtige Richtung geht? Ob groß, ob klein, ist erstmal egal.

Stefan Müller-Schleipen: Also Städte, die alles gut machen, gibt es per se nicht, aber es gibt Städte, die in ihren Fachbereichen oder in ihren Herausforderungen Vorreiter sind. Hanau ist immer wieder zu benennen. Ich habe selten eine Stadt erlebt, die auch in dem politischen Konsens so übereinstimmt, an dem Tag, als Signal gesagt hat: Wir schließen den Kaufhof, hat der Bürgermeister am gleichen Abend eine Pressemitteilung rausgegeben und gesagt: Wir kaufen den Kaufhof. Und das ist ein Momentum gewesen, das ich bis in die entscheidende Stadtverordnetenversammlung durchgesetzt hat, die einstimmig, mit 100 Prozent aller Stimmen, so schwer das auch gewesen sein kann, entschieden hat, den Kaufhof zu kaufen. Und da entsteht Momentum, so entsteht auch Momentum, um den Bürgerinnen und Bürger in der Stadt den Weg zu zeigen und auch den Weg zu bereiten, mitzumachen. Also Kaufhof Hanau, ich würde jetzt den Rahmen sprengen, wenn ich für andere Beispiele, andere Städte aufhören würde. Aber wenn eine Stadt ein Problem mit einem Kaufhof hat und die, die noch einen haben, werden ein Problem kriegen, dann schaut auf diese Stadt, hat jemand schon mal in einem anderen Kontext gesagt.

Frank Rehme: Gut.

Ralf-Peter Koschny: Da hast du durchaus Recht. Es gibt ja einige Städte, die diese Standorte bewusst anfassen und das ist ein klarer Indikator, dass die ganz viel richtig machen schon, also die haben es begriffen.

Frank Rehme: Okay.

Stefan Müller-Schleipen: Und die guten Beispiele gibt es natürlich im Stadtretter Netzwerk, so viel Werbung muss erlaubt sein.

Frank Rehme: Ja, absolut. Also wer da mehr darüber wissen will, Die-Stadtretter.de drauf gehen, gucken und sich mit engagieren, darum geht es ja letztendlich, da ist wirklich jetzt nichts Kommerzielles, was da abläuft, sondern da geht es wirklich darum, dass Menschen sich vernetzen und ja, so wie meine Gesprächspartner, dann dementsprechend an der Zukunft arbeiten. Ich sage vielen Dank euch Beiden, bis zum nächsten Mal. Wir werden uns bald wieder hören hier auf diesem Kanal. Bleibt an den Geräten da draußen und wir gehen jetzt in Richtung Wochenende. Danke.

Ralf-Peter Koschny: Schönen Tag noch, bis Bald. Tschüss.

Stefan Müller-Schleipen: Gerne. Tschüss.

Outro: Die Stadtretter – Der Podcast.



Team Stadtretter

GEMEINSAM STANDARDS SCHAFFEN! Austauschen, adaptieren, voneinander lernen und in die gleiche Richtung gehen.

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